Der in Princeton forschende Historiker Jonathan Israel begreift Aufklärung als ein pan-europäisches Phänomen, das die grundlegendste und folgenreichste intellektuelle, soziale und kulturelle Transformation der westlichen Welt seit dem Mittelalter darstellt. In seiner ungemein materialreichen, dreibändigen Geschichte der Aufklärung – Radical enlightenment (2001), Enlightenment Contested (2006) und Democratic Enlightenment (2011) – entwickelt Israel einen von dem niederländischen Philosophen Benedict de Spinoza ausgehenden Begriff von radikaler Aufklärung, der auf genau acht, heute noch aktuelle Kernprinzipien beruht: reason as exclusive criterion of truth, rejection of supernatural agency, equality of all mankind, secular ‚universalism‘ in ethics, toleration, personal liberty of lifestyle and sexual conduct, freedom of expression, und schließlich democratic republicanism. Den Verfechtern dieser radikalen und auf Veränderung zielenden Aufklärung – Denker wie Spinoza, Bayle und Diderot – standen moderate Aufklärer gegenüber, die – wie Locke, Hume oder Voltaire – in ihren Forderungen weniger weit gingen und eher bereit waren, die gegebenen Verhältnisse zu respektieren. Israels scharfer Begriff von Aufklärung, ihre Zweiteilung und ihre entschiedene normative Aufladung hat international zu Diskussionen geführt, die in Deutschland bisher noch nicht angekommen sind. Der vorliegende Band will dazu mit der Hilfe von Beiträgen namhafter Aufklärungsforscher einen ersten Einstieg bieten.
ISBN: 978-3-95462-249-8