Spätestens seit dem Anschlag des Attentäters Anis Amri auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 ist der Begriff des sogenannten „Gefährders“ sowohl in der medialen Berichterstattung als auch im sicherheitsrechtlichen Diskurs geradezu omnipräsent. Es wird beispielsweise über Abschiebungen von Gefährdern, die „elektronische Fußfessel“ für Gefährder oder Präventivhaft von Gefährdern berichtet beziehungsweise hierüber debattiert. Beim Begriff des „Gefährders“ handelt es sich um einen polizeifachlichen Arbeitsbegriff. Dieser ist – nach wie vor – weder legaldefiniert noch findet er eine ausdrückliche gesetzliche Erwähnung. Ungeachtet dessen scheint es jedoch so zu sein, als sei der Gefährder in der Zwischenzeit beabsichtigter Adressat verschiedener gesetzlicher Maßnahmen geworden. Denn es waren seit dem Anschlag Amris sowohl auf Bundes- wie auch auf Länderebene zahlreiche Gesetzesnovellen zu beobachten, welche unter anderem dem deklarierten Ziel dienten, effektiver gegenüber Gefährdern vorgehen zu können. Faktisch weist der Gefährder- begriff somit gleichwohl eine gewisse rechtliche Relevanz auf. Vor diesem Hintergrund widmet sich die vorliegende Untersuchung unter anderem der Frage, inwiefern der Begriff des „Gefährders“ rechtlich überhaupt zu verorten ist. Der Diskurs über die Thematik der sogenannten „Gefährder“ ist auch geprägt durch eine Vielzahl an Vorbehalten, insbesondere hinsichtlich der staatlichen Vorgehensweise gegenüber besagtem Personenkreis. Die Spannweite der Kritik erstreckt sich hier vom Vorgang der Gefährdereinstufung als solcher über Bestimmtheitsproblematiken im Zusammen-hang mit dem Gefährderbegriff bis hin zu Bedenken eines möglichen Verstoßes gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz. Im Rahmen der vorliegenden Unter-suchung erfolgt eine umfassende Auseinandersetzung mit jenen Vorbehalten, um die bereits mehrfach in der Literatur aufgeworfene Frage zu beantworten, ob der Umgang mit Gefährdern rechtstaatlichen Anforderungen genügt. Im Zentrum der Untersuchung steht eine rechtsvergleichende Analyse jener zahlreichen bundes- sowie landesrechtlichen Vorschriften, in welchen der Gefährder – als beabsichtigter Adressat der in Rede stehenden Maßnahme – sukzessive eine gesetzliche Umschreibung erfahren haben könnte. Neben dem Aufzeigen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten dieser mutmaßlichen gesetzlichen Umschreibungen des Gefährderbegriffs sowie ihrer rechtlichen Auswirkungen gilt es hierbei insbesondere die Frage zu beantworten, in welchem Verhältnis diese zum polizeifachlichen Begriff des „Gefährders“ einerseits sowie einer – schon seit geraumer Zeit geforderten – (möglichen) Legaldefinition des Gefährderbegriffs andererseits stehen.
ISBN: 978-3-86676-694-5