Im Rahmen der Auseinandersetzung der Ägyptologie mit ihrer eigenen Vergangenheit sind in jüngster Zeit die Schicksale und Lebensläufe deutscher Ägyptologen während der Zeit des Dritten Reiches in den Fokus der wissenschaftsgeschichtlichen Forschungen gerückt. Der diesen häufig methodisch zugrunde gelegten Dichotomie zwischen ‚gut‘ und ‚böse‘ entzieht sich allerdings der Quellenbefund der wissenschaftsgeschichtlichen Praxis. Vielmehr muss, mit den Worten des Althistorikers Stefan Rebenich die ‚intellektuelle, politische und wissenschaftliche Biographie der einzelnen Repräsentanten des Faches im ›Dritten Reich‹ […] rekonstruiert werden, um Apologie und Hagiographie gleichermaßen die Grundlage zu entziehen. Dabei sollte sich der Historiker allerdings nicht die Rolle des Strafrichters anmaßen, sondern sich mit der des Untersuchungsrichters bescheiden.‘ Der Name Hermann Grapow ist den meisten Ägyptologen als Mitherausgeber des ‚Wörterbuchs der Ägyptischen Sprache‘ geläufig und tatsächlich hat er, der seine gesamte wissenschaftliche Laufbahn an diesem Großprojekt der deutschen Wissenschaftsakademien mitgewirkt hat, sich dabei große Verdienste um sein Fach erworben. Ebenso unmittelbar verbinden aber die meisten Ägyptologen mit seinem Namen auch die politische Belastung der Ägyptologie in der Zeit des Dritten Reiches. Dieser Band soll damit einen Beitrag leisten zur aktuellen Forschung zur Geschichte der Ägyptologie, diese aber auch für den interdisziplinären Diskurs im Rahmen der Wissenschafts- und Institutionengeschichte öffnen, insbesondere der Geschichte der Berliner Akademie der Wissenschaften.
ISBN: 978-3-86599-269-7